Der griechische Dichter Simonides von Keos nannte die Malerei schweigende Dichtung und die Dichtung sprechende Malerei. Initiiert vom humanistischen Gymnasium Carolinum in Ansbach und unserem Spessart-Gymnasium begegneten sich in der Woche des zweiten Advents Griechischschülerinnen und -schüler beider Schulen in der Residenz in Würzburg, um gemeinsam in der Gemäldegalerie einiges Interessante über Malerei und Bildmotivik zu erfahren. Schwerpunkt waren die Themenfelder der griechischen Mythologie und ihre literarischen Vorlagen, die - ins Bild übertragen - mittels einer Rallye an verschiedenen barocken Bildstationen in Augenschein genommen wurden. Man sprach über Zeus und Europa (Luca Giordano), Zeus und Callisto (Frans Wouters), Laokoon (Peter Claesz Soutman) und die beratenden Griechen vor Troja, die zum Verständnis der Bildkomposition von den Schülerinnen und Schülern in einem freeze eingefangen wurden.

Wichtige Aspekte der Kunst wie die Stilisierung und Idealisierung von Nacktheit, kompositorische Bildelemente zur Erkennung von Personen oder Motiven kamen ebenso interaktiv aufs Tableau wie die Verfälschung der Realität und ihre Neuordnung in barocken Capricci.

Es schloss sich ein Besuch im Institut für Klassische Philologie an, bei dem anschaulich die Vorgehensweise der Philologie beleuchtet und die Bedeutung der alten Sprachen für die Moderne betont wurden. Zwei Mitarbeiter des Instituts stellten das Forum für Antike und Gesellschaft vor, eine digitale Plattform, auf der vielfältige Themen aus der antiken Literatur in modernen Rezeptionsformen präsentiert werden. So gibt es im Bereich der Philosophie z.B. Beiträge zu Glück, Freundschaft und dem Umgang mit der eigenen Lebenszeit und in der Rhetorik z. B. einen Podcast, in dem Cicero mit seiner Tochter über seinen Beruf spricht. Auch bekommt das weibliche Rollenverständnis der Antike ein aktuelles Gesicht, indem z.B. Daphne das an ihr durch Apoll verübte Unrecht nicht akzeptiert (#metoo) oder Catulls Lesbia ihren eigenen Instagramaccount eröffnet, um ihre Sicht auf die Liebesliaison mit Catull aufzuzeigen.

Die sich immer wieder neu eröffnenden Horizonte bei der Beschäftigung mit antiker Literatur riefen unter den Schülerinnen und Schülern Staunen hervor, und unser Besuch in Würzburg wurde ein kurzweiliges, aber informatives Vergnügen, das durch einen Rundgang über den Würzburger Weihnachtsmarkt abgerundet wurde.